
Der BGH hat in einem aktuellen Urteil (Urteil vom 26.1.2016; Az.: II ZR 394/13) zur Frage der Pflichten des Geschäftsführers in der Unternehmenskrise Stellung genommen.
Prüfung der wirtschaftlichen Lage
Von dem Geschäftsführer einer GmbH wird erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert. Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Insolvenzreife. Wenn der Geschäftsführer erkennt, dass die GmbH zu einem bestimmten Stichtag nicht in der Lage ist, ihre fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen, hat er die Zahlungsfähigkeit der GmbH anhand einer Liquiditätsbilanz zu überprüfen. Erweisen sich hierbei angestellte Prognosen trotz Aufwendung der gebotenen Sorgfalt nach Ablauf des maßgebenden Zeitraums von drei Wochen als unzutreffend mit dem Ergebnis, dass statt einer angenommenen Zahlungsstockung bereits Zahlungsunfähigkeit besteht, können zwischenzeitlich in der vertretbaren Annahme fortbestehender Zahlungsfähigkeit geleistete Zahlungen unverschuldet sein (vgl. BGH, Urteil vom 24.5.2005 - IX ZR 123/04).
Pflicht zur fachkundigen Beratung
Der Geschäftsführer handelt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss. Dabei muss er sich, sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 27.3.2012 - II ZR 171/10). Der selbst nicht hinreichend sachkundige Geschäftsführer ist nur dann entschuldigt, wenn er sich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einer unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Person hat beraten lassen und danach keine Insolvenzreife festzustellen war.
Pflicht zur Plausibilisierung
Die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gebietet es zudem, das Prüfergebnis einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen (BGH, Urteil vom 27.3.2012 - II ZR 171/10).
Tipp der KANZLEI NICKERT
Insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es dem Geschäftsführer dringend anzuraten, mit geeigneten Maßnahmen einen Überblick über die Vermögens-, Ertrags- und Liquiditätslage zu verschaffen. Hierzu gehört insbesondere die Vorhaltung einer (integrierten) Unternehmensplanung. Zur Vermeidung der persönlichen Haftung und zur Vermeidung eines strafbaren Verhaltens sollte der Geschäftsführer auch externen fachlichen Rat einholen.
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