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Die Krise seines Mandanten konfrontiert den Steuerberater mit zahlreichen Haftungsgefahren. Das Urteil des BGH vom 26.1.2017 zeigt dabei nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Themenkomplex.
In diesem Beitrag soll auf die Haftung des Steuerberaters eingegangen werden. In einem weiteren Beitrag werden die Risiken der Honorarrückzahlungen aufgrund der Insolvenzanfechtung thematisiert.
Vertragliche Haftung – Hauptpflichten
Zu den Hauptpflichten des Steuerberaters gehört es, seinen vertraglichen Pflichten nachzukommen. Der Steuerberater muss „seinen Job richtig machen“.
Fortführungsprognose – going concern
In der Mandantenkrise liegt ein Schwerpunkt der Gefahren im Rahmen der Bilanzierung: Der Steuerberater darf den Zeitpunkt nicht verpassen, ab welchem eine Bilanzierung unter der Annahme der Fortführung nicht mehr zulässig ist. Eine fälschlicher Weise unter der Fortführungsannahme erstellte Bilanz kann seine Haftung begründen. Dies ist seit dem Urteil des BGH vom 26.1.2017 hinlänglich bekannt.
Der BGH hat in der Entscheidung ausgeführt, dass bei gegebenem Insolvenzgrund nur noch ausnahmsweise going concern bilanziert werden darf. Aus diesem Grund gehört der „Insolvenz-Check“ zu den Arbeitspapieren jeder Krisenbilanz.
Noch nicht von der Rechtsprechung abschließend geklärt ist, ob sich der Steuerberater bei der fehlerhaften Bilanzierung und der Fortführungsprämisse selbst strafbar macht. Im Zweifel sollte der Steuerberater davon ausgehen und sein Handeln dementsprechend ausrichten.
Verspätete Bilanzierung
Eine weitere, leider viel zu wenig beachtete Gefahr, folgt aus der verspäteten Bilanzierung. Der Kaufmann muss innerhalb einer dem gewöhnlichen Geschäftsgang entsprechenden Zeit bilanzieren. Diese beträgt in der Krise ca. 2-3 Monate nach dem Bilanzstichtag. Wichtig ist dabei, dass dies nicht nur für KapG (& Co.) gilt, sondern für alle nach dem HGB bilanzierungspflichtigen Unternehmen, namentlich auch für eK, oHG und KG. Ein Verstoß ist sogar gem. §§ 283 Abs. 1 Nr. 7, 283 b Abs. 1 Nr. 7 StGB strafbewehrt.
Ein Steuerberater, der bei angenommenem Bilanzierungsauftrag diese Frist überschreitet, kommt damit in eine enorme Haftungsgefahr. Wird nämlich später das Insolvenzverfahren über das Vermögen eröffnet, kann der natürlichen Person bei Fristüberschreitung die Restschuldbefreiung versagt werden, § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Soweit der Steuerberater dafür verantwortlich ist, kann dies dazu führen, dass er die Passivseite der Bilanz seines Mandanten über die Steuerberaterhaftung „erbt“.
Nebenpflichten – Hinweis auf Solvenzrisike
Der Steuerberater muss seinen Mandanten auch auf Insolvenzrisiken hinweisen, wenn er, wie bei KMU häufig, davon ausgehen muss, dass dem Mandanten die Situation nicht bewusst ist. Dabei muss der Hinweis hinreichend konkret sein und die Sachverhalte konkret aufzeigen, die zu dem Warnhinweis führen. Ein Unterlassen dieses Hinweises kann sowohl gegenüber dem Mandanten, als auch gegenüber Dritten, z. B. dem Geschäftsführer oder Vorstand, zur Haftung führen. Da der Steuerberater die Darelgungs- und Beweislast für diesen Hinweis hat, ist eine schriftliche Dokumentation unumgänglich.
Nebenpflichten – Hinweis auf frühzeitige Bilanzierung
Generell aber muss der Steuerberater seinen Mandanten vor Schaden bewahren. Dies gilt auch für Warnungen bei Gefahr einer strafrechtlichen Verurteilung. Aufgrund der oben skizzierten strafrechtlichen Haftungsgefahren und der zivilrechtlichen Konsequenzen gilt dies auch für den Hinweis, dass in der Krise kürzere Bilanzierungsfristen gelten.
Gesetzliche Haftung
Neben der vertraglichen Haftung kann dem Steuerberater auch die gesetzliche Haftung drohen, insbesondere bei einem Mitwirken einer Straftat seines Mandanten. Eine solche Mitwirkung kommt in Betracht, wenn der Mandant den gebotenen Insolvenzantrag unterlässt, einen Betrug oder einen Bankrott begeht. Zu beachten ist dabei, dass seine Mitwirkung schon dann in Betracht kommen kann, wenn der Mandant „tatgeneigt“ ist, also eine solche Tat begeht und der Steuerberater in irgendwelcher Form diese Tat fördert. Ein solches Fördern kann schon bei der Fortführung der laufenden Buchhaltung in Betracht kommen.
Rechtsfolge
Das enorme Risiko der gesetzlichen Haftung liegt in der Handelndenhaftung. D. h. derjenige, der handelt, haftet. Damit versagt sowohl die Haftungsabschirmung der Rechtsform (GmbH, GmbH & Co. KG, PartGmbBH) als auch die Haftungsabschirmung durch AGB/AAB, die nur für die vertragliche Haftung gelten. Zum Schluss droht bei einer wissentlichen Pflichtverletzung sogar der Verlust des Versicherungsschutzes, § 103 VVG.
Praxis-Tipp der KANZLEI NICKERT
Prüfen Sie in der Krise genau, ob die Annahme der Fortführung noch vertretbar ist. Nehmen Sie in diesen Fällen einen „Insolvenz-Check“ zu Ihren Arbeitspapieren.
Belehren Sie bei einem Verdacht auf bestehende Insolvenzgründe Ihren Mandanten konkret und dokumentieren Sie den Hinweis schriftlich.
Planen Sie Ihre Jahresabschlüsse frühzeitig und ziehen Sie Ihre Krisenmandanten vor.
Vermeiden Sie jegliche Mitwirkung an strafbaren Handlungen!
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